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Lyrasekretär Wien 1810/15

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Außergewöhnlich schöner und seltener Lyrasekretär, Wien um 1810/15 , wohl Danhauser

Durchgehend ebonisierter, Birnbaum furnierter Hart- und Weichholzkorpus mit sich nach unten konisch verjüngender lyraförmiger Ausführung auf 1-ladigem Sockelbrett mit flachen Klotzfüssen. Klappbare untere Schreibplatte mit im unteren Bereich befindlichem umlaufendem fein ahorneingelegtem Band im floralen Dekor. Innenleben mit drei unteren und zwei oberen fein wurzelholzfurnierten Schüben. Durchbrochen ausgeführte Galerien, oben in einem ebonisierten und auf der mittleren Innenfläche des Spitzgiebels innen ahorneingelegte figurale Darstellung.

Unten innen schiebbare Bodenplatte in Wurzelholzfurnier, die innere Bodenplatte ist in ebonisiertem Holz mit geometrischen Mustern eingelegt. Schreibplatte original voll ebonisiert und ohne eine Schreibeinlage.

Der ebenfalls ebonisierte Spitzgiebel des Innenraums ist mit figuralen Ahorneinlagen versehen.

Die Schlüsselschilder sind am gesamten Möbel anstelle von Beschlägen mit filigranen Ahorneinlagen, teils sitzend, teils als kämpfende menschliche Wesen, versehen. Am inneren oberen Giebel kommt es so zur Darstellung von menschlichen Wesen als Krieger bzw. als Gladiatoren mit Kurzschwerten oder Dolchen, gegen einen Löwen kämpfend.

Im oberen Bereich des Schreibsekretärs befindet sich eine herausschiebbare Platte, die den Sekretär zu einem Stehpult umwandeln lässt.

Maße:

Höhe: 154 cm 
Breite: 84 cm
Tiefe: 45,5 cm
Art.-Nr.: 2438

Zu den intarsierten Schlüsselschildern: Es handelt sich wohl um eine Darstellung mythischer Inhalte; im Giebel des Innenlebens sind Löwenjäger als Metapher für die größte aller Lebensbedrohungen, den Tod, dargestellt. Überwinden kann man diesen durch ein tugendhaftes Leben, so, wie ein tapferer Jäger den Löwen bezwingt. Löwenbezwinger sind eines der ältesten Bildmotive überhaupt, teils auf Homer zurückgehend. Der Löwe spielte auch in der frühchristlichen Zeit eine wichtige Rolle. In einigen Kontexten kann der Löwe auch negativ konnotiert sein, wie in der biblischen Aussage, dass der Teufel "wie ein brüllender Löwe umhergeht, suchend, wen er verschlingen könne". Hier symbolisiert der Löwe Gefahr, Zerstörung und Sünde.

Dies könnte an unserem Möbel wohl im Zusammenhang mit den napoleonischen Kriegen stehen und der Übermacht Napoleons als Symbolik dienen.

Stehpulte waren in der Goethe-Zeit und der frühen Biedermeierzeit aus einer Kombination von gesundheitlichen, praktischen, ethischen und symbolischen Gründen beliebt. Sie spiegelten die damaligen Auffassungen von Gesundheit, Arbeit und Effizienz wieder. ...

 

... Die Diversität der frühen Wiener Möbel des Biedermeier basierte auf einer längeren Entwicklung, die bereits in den 80-90 Jahren des 18. Jahrhundert in Wien mit frühmodernen Möbelentwürfen begonnen hatte und sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts in einer großen Vielfalt weiter fortsetzte.

Im Unterschied zum Empire, verzichtete das Biedermeier absichtlich auf kostspielige und luxuriös wirkende feuervergoldete Beschläge, reduzierte sich auf eine Flächenwirkung und verwendete dabei in der Frühphase u.a. intarsierte oder aufgemalte Ornamente wie Palmetten, Medaillons, aber auch Groteskengestalten und figurale Szenendarstellungen von Mensch und Tier. Solche intarsierten Menschen-und Tierfiguren befinden sich auch auf unserem frühen Lyrasekretär, welcher in seiner seltenen, puristisch anmutenden Einhaltung dieser Prinzipien - eines kompletten und strikten Verzichts auf ein Beschlagwerk aus Metall - als kunst-und kulturhistorisch bedeutsames und wertvolles Zeugnis dieser eher kurzen Entwicklung des Biedermeiermobiliars angesehen werden muss.

Provenienz: Bedeutende Europäische Sammlung einer Industriellenfamilie

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